Freiwilligkeit und Dekolonisation

Die Regulierung von Arbeit im (post)kolonialen Ghana

Ghana Young Pioneers, 1964
Ghana Young Pioneers, 1964

Das Projekt fokussiert Freiwilligkeit in Zeiten der Dekolonisation und damit ein politisches Prinzip (post-)kolonialen Regierens. Am Beispiel der britischen Goldküste/Ghanas gilt es zu ergründen, wie freiwilliges Handeln die politische und soziale Ordnung im Übergang zwischen spätkolonialer „indirect rule“ und Postkolonie konstituierte, und wie Freiwilligkeit dabei zur politischen und sozialen Norm und Ressource avancierte. Im Zentrum unserer Aufmerksamkeit wird die Bedeutung freiwilliger Arbeit sein.

Das Projekt erforscht die Anrufung, als Citizens am Aufbau eines neuen Ghana und eines neuen Afrika zu partizipieren. Es untersucht ferner ausgewählte staatliche Programme, wie z.B. die Builder’s Brigades, die Bürger*innen eingesetzt haben, um Entwicklungsziele zu realisieren und sie zugleich auch zu neuen (post-)kolonialen Subjekten zu formen. Es geht der Frage nach, wie das neue Regime Selbstmobilisierung durch Arbeit konzipierte und diese auch von Arbeitslosigkeit abgrenzte. Zu fragen ist, ob und inwieweit diese Form freiwilliger Arbeit den beteiligten Akteur*innen als konstitutiver Bestandteil eines westlichen Handelns und Denkens galt oder ob es stattdessen darüber hinauswies – etwa als Triebkraft einer künftigen afrikanischen Moderne.

Das Projekt eruiert die Dimensionen freiwilliger Praxis und deren koloniale Geschichte; ebenso interessieren die politischen Verflechtungen mit panafrikanischen Bewegungen und mit den neuen sozialistischen Staaten, insbesondere der DDR. Das Projekt knüpft an Forderungen nach einer sozial- und kulturgeschichtlich erweiterten Dekolonisationsforschung an. Indem es den Nexus von Dekolonisation und Freiwilligkeit fokussiert, trägt es dazu bei, die historische und systemische Bedeutung von Freiwilligkeit als Modus politischen und gesellschaftlichen Handelns über liberale Gesellschaften westlichen Typs hinaus zu führen.

Im Sinne der Gouvernementalitätsforschung fragt das Projekt, wie Menschen über Freiwilligkeit regiert und wie sie durch das Zusammenspiel von Fremd- und Selbstregierung zu neuen politischen Subjekten geformt werden. In subjektivierungstheoretischer Absicht interessiert, wie und in welch spezifischer Weise sich freiwilliges Handeln in (post-)kolonialen Settings mit Führung und Selbstführung verband. Zu fragen ist hier auch, in Rückgriff auf zeitgenössische sozialanthropologische Studien, wie Freiwilligkeit zum Objekt sozialwissenschaftlicher Beobachtung avancierte und wie dies womöglich auf die politische Praxis zurückwirkte und diese prägte.

Team

Schlagworte

Westafrika   |   Dekolonisation   |   Indirect Rule   |   Arbeit   |   Bürger-Sein

Fachbereich

Globalgeschichte

Ort

Universität Erfurt

Historisches Seminar

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