Antinomien der Freiwilligkeit

Sozialphilosophische Untersuchungen zur Grundlage politischer Partizipation

Freiwilligkeit ist eine unverzichtbare Ressource für die politische Partizipation am demokratischen Prozess der Meinungs- und Willensbildung. Sie kennzeichnet die Bereitschaft, an Wahlen teilzunehmen, sich informierte Urteile zu bilden, Meinungen in die Öffentlichkeit einzuspeisen sowie Versammlungen, Proteste und Unterstützungen zu organisieren. Das sozialphilosophische Teilprojekt untersucht die Entstehungsbedingungen, unter denen plausiblerweise erwartet werden kann, dass eine freiwillige Partizipationsbereitschaft mobilisiert werden kann. Dabei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Bereitschaft zur freiwilligen Partizipation unter Bedingungen generiert wurde, die sie selbst nicht erzeugen kann. Zugleich ist auf der einen Seite die Einstellung der freiwilligen Partizipation bei den Beteiligten selbst erzeugt und lebt somit von Entstehungsbedingungen, die sie selbst nicht erzeugen kann. Auf der anderen Seite ist die freiwillige Teilnahme dennoch als Akt zu verstehen, dem in einem anspruchsvollen Sinn ein freiheitlicher Charakter zugerechnet werden kann.

Das Forschungsprojekt verfolgt dabei einen Ansatz sozialphilosophischer Praxeologie, der zwei Erklärungsmodelle zu einer belastbaren Theorie über die Entstehungsbedingungen politischer Partizipation zusammenführt. Einerseits wird davon ausgegangen, dass institutionelle Rahmenbedingungen (bspw. intakte Bildungsinstitutionen, effektive Rechtsgarantien) notwendige Bedingungen für die Bildung von Freiwilligkeit sind. Andererseits soll die praxeologische Annahme vorinstitutioneller Praktiken über dieses institutionalistische Erklärungsmodell hinausführen. Untersucht werden sollen bestimmte Praktiken der Kultur, Kunst, Kommunikation und Kooperation, die imstande sind, eine Bereitschaft zur freiwilligen Partizipation zu mobilisieren.

Diese vorinstitutionellen Praktiken besitzen drei Merkmale. Erstens sind sie durch einen Selbstzweck charakterisiert; sie werden insoweit vom ökonomischen Verwertungsdruck bedroht, unter dem die Quellen versiegen können, aus denen sich die Freiwilligkeit speist. Zweitens können die Praktiken nur kontingente Effekte erzielen, sofern sie die Bereitschaft, sich auf sie einzulassen, zwar ermöglichen, nicht aber bewirken können. Drittens entstehen sie spontan im vorinstitutionellen Bereich, da sie durch kultur-, sozial-, und bildungspolitische Maßnahmen allenfalls unterstützend flankiert, nicht aber ohne die Bereitschaft williger Akteure erzeugt werden können.

Team

Schlagworte

politische Partizipation   |   Antinomie   |   Praxeologie

Selbstzweck   |   Kontingenz   |   Spontanität

Fachbereich

Praktische Philosophie

Ort

Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Institut für Philosophie

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