„Remigration“

Demo “Vielfalt statt Hetze” in Berlin am 21. Januar 2024 (Foto: © Stefan Müller, verfügbar über Flickr, CC BY-NC 2.0 Deed)
Florian Wagner

Von Florian Wagner

Florian Wagner ist Historiker an der Universität Erfurt.

„Remigration“: Zwischen freiwilliger Rückkehr und rassistischer Massendeportation

Nachdem eine rechtsextreme Tagung im November 2023 von einer Neuauflage deutscher Massendeportationen fantasierte und diese unbeholfen mit dem Begriff „Remigration“ beschönigen wollte, reagierte die Zivilgesellschaft ungewöhnlich schnell. Denn die Deportationspläne hinter dem Remigrationsbegriff waren offensichtlich und ließen viele aufhorchen. „Remigration“ wurde zum Unwort des Jahres gewählt, und eine Jury aus Fachleuten erklärte, Remigration sei eigentlich eine neutrale oder gar affirmative Bezeichnung für „verschiedene, in der Regel freiwillige Formen der Rückkehr“ von Migrant*innen. Diese Bedeutung sei aber von Rechten „ideologisch vereinnahmt“ worden, die mit „kalkulierter Ambivalenz“ Aufmerksamkeit bekommen wollten und gleichzeitig ihre Pläne zu Massendeportationen offenlegten. Schon eine Woche nach dem Aufdecken der rechten Remigrationsfantasien machte das Berliner Ensemble eine szenische Lesung zum Thema. Sie wurde auf verschiedensten Kanälen live gestreamt. Schließlich protestieren im Januar und Februar 2024 Hunderttausende auf über 70 Großdemonstrationen in verschiedenen Städten gegen die rechtsradikale AfD, deren menschenfeindliche Politik sich in ihrem Remigrationsprojekt offen zeigte.

Warum griffen diese auf den Remigrationsbegriff zurück? Wie dieser Beitrag zeigt, rührt die Entscheidung nicht von sprachlicher Finesse, der Innovationskraft neurechter Think Tanks oder gar einer legitimen Reaktion auf eine aktuelle „Migrationskrise“ her, sondern lässt rassistische Deportationspläne wieder aufleben, die sich seit dem 19. Jahrhundert kaum verändert haben. Die Ursprünge lagen dabei im Antisemitismus, Nationalsozialismus und im Kolonialismus, die alle ein zutiefst rassistisches Weltbild teilen.

Die Ambivalenz der Freiwilligen Remigration in der Migrationspolitik

Die Begrifflichkeit für die freiwillige und unfreiwillige Rückkehr von Migrant*innen ist nicht einheitlich. Zwangsrückführungen werden in deutschen Gesetzestexten meist als Abschiebungen bezeichnet. Dagegen vermeidet man den international üblichen Begriff Deportation, der im Deutschen zu eng mit der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik verbunden ist und auch die Verschleppung von Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft einschließt. In der Verwaltungssprache und in Polizeikreisen spricht man lieber von Rückführungen, um den Zwangscharakter nicht allzu deutlich zu machen. Internationale Flüchtlings- und Migrationsorganisationen verwenden vorrangig die Bezeichnungen „repatriation“ und „return“. Diese Begriffe bezeichneten ursprünglich die international organisierte Rückkehr von Geflüchteten in ihr Herkunftsland nach Ende eines Krieges, eines Konflikts oder einer humanitären Katastrophe. „Repatriation“ bedeutet in diesem Sinne eine humanitäre und organisierte Rückführung in das Heimatland, die auf Freiwilligkeit beruht. Im Gegensatz zu (vorrangig westlichen) Staaten, deren Ausweisungspolitik zunächst darauf abzielte, Nicht-Staatsbürger*innen aus dem Staatsterritorium zu entfernen, verlangten internationale Abkommen, dass man ein konkretes und sicheres Zielland der Rückführungen benennt. Internationale Organisationen boten darum  „voluntary repatriation“ oder „voluntary return“-Programme an. Allerdings wurden diese Programme seit 1979 auch genutzt, um Migrant*innen ohne Bleiberecht in Europa rückzuführen, wodurch die Freiwilligkeit nicht mehr gewährleistet war und die Programme in Verruf kamen. Menschen, die abgeschoben werden sollten, bekamen darin das Angebot, durch Teilhabe an freiwilligen Rückkehrprogrammen ihre Zwangsabschiebung zu vermeiden. Allerdings waren diese Programme keine Alternativen, sondern nur Mittel, um faktische Abschiebungen statistisch als freiwillige Rückkehr vermerken zu können. Denn die Migrant*innen hatten nicht die Wahl zwischen Bleiben und Gehen.

Diese irreführende Bezeichnung der Rückkehrprogramme als „freiwillig“ erkannten diejenigen Teile der demokratische Zivilgesellschaft, welche den betroffenen Migrant*innen zuhörten. Aus diesem Grund war schon 2006 die „freiwillige Ausreise“ in Deutschland zum Unwort des Jahres gekürt worden. Bereits damals erkannten viele Menschen, dass das Schönreden der Ausreisepflicht rein rhetorisch war und den Zwangscharakter dahinter verschleierte.

Der Begriff Remigration suggeriert dagegen dreierlei. Erstens scheint er ein neutraler Begriff zu sein, der in der Wissenschaft zur Beschreibung von Rückwanderungen verwendet wird. Zweitens gibt er vor, dass Menschen in ein angestammtes Herkunftsland zurückkehren und dies ein gleichsam natürlicher Prozess ist. Drittens wird er mit der Freiwilligkeit einer individuellen Rückkehrentscheidung assoziiert und nicht mit einer erzwungenen Rückführung. Die Benutzung des Begriffs „Remigration“ mitsamt diesen Assoziationen scheint rechten Kreisen die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Deportationspläne an einen als legitim und humanitär betrachteten Ablauf von Rückkehr und Rückführungen anschlussfähig zu machen und dadurch zu „normalisieren“. So verteidigte der Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion Bernd Baumann den Begriff „Remigration“ als ein „vernünftiges Wort“.

Ursprünge des „Masterplans Remigration“ in der Geschichte der „rassistischen Internationale“

Schon im nächsten Satz allerdings gab Baumann Preis, dass die AfD gar nicht die oben genannte wissenschaftliche, freiwillige und zielorientierte Bedeutung des Begriffs im Sinn hatte. Er verstand unter Remigration nämlich nicht eine selbstbestimmte Rückkehr, sondern eine „Rückführung von Migranten“ die natürlicherweise auch auf Zwang beruhen muss. Schnell musste er als Bundestagsabgeordneter noch hinzufügen, dass diese „nach rechtsstaatlichen Grundsätzen“ erfolgen solle. Allerdings ist dabei weder von sicheren Herkunftsländern noch von freiwilliger oder individueller Entscheidung die Rede. Die identitäre Denkfabrik, welche den Remigrationsplan im November 2023 vorgestellt hatte, war noch weniger bemüht, ihrem Deportationsplan einen gesetzeskonformen Anstrich zu geben. Sie versteht unter Remigration neben der Vertreibung von Migrant*innen zusätzlich die Abschiebung unliebsamer Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft, vorrangig derjenigen, die Migration als Bereicherung sehen. Damit entfernte man sich schon so weit vom Rechtsstaat, dass offensichtlich war, wie wenig man auf dessen Fortdauern gibt. Schließlich hatte der völkische Epigone Björn Höcke bereits 2019 öffentlich verkündet, dass massive Gewalt Teil des Remigrationsprojektes sei. Er versprach ein „groß angelegtes Remigrationsprogramm“, in dem er „kulturfremde“ Menschen und auch Staatsbürger*innen mit einer „Politik der wohltemperierten Grausamkeit“ aus dem Land hinausjagen wolle. Höcke hatte sein Remigrationsprogramm von der Alten und Neuen Rechten in Großbritannien und Frankreich abgeschrieben. Er fügte lediglich die Formulierung von der „wohltemperierten Grausamkeit“ hinzu, welche vom Philosophen Peter Sloterdijk stammte, und in Höckes Augen der Gewaltanwendung die Legitimität philosophischer Rationalität verleihen sollte.

Indem rechte Kreise behaupten, sich durch die Verwendung des Remigrationsbegriffs im Diskurs der „Mitte“ zu befinden, verschleiern sie die wahre Quelle ihrer Massendeportationspläne. Das liegt daran, dass das Remigrationsprojekt der Rechtsextremen, „Identitären“ und AfDler*innen sich gar nicht am heute allgemein gebräuchlichen Konzept orientiert. Vielmehr stammt deren Begriffsverwendung aus einer rassistischen Tradition, die auf die antisemitische Bewegung und den Anti-Schwarzen Rassismus seit dem 19. Jahrhundert zurückgeht und im Nationalsozialismus und Kolonialismus des 20. Jahrhunderts wieder auflebte. Dabei ist zu bemerken, dass dieses historisch-rassistische Projekt der Remigration nicht rein deutsch war, sondern vielmehr von einer transnationalen Ideologie der „White Supremacists“ entwickelt und verbreitet wurde, sowie im 21. Jahrhundert von selbsternannten Identitären nur aufgegriffen wurde.

Die ersten Massen-Remigrationspläne entwickelten Antisemit*innen und Propagandist*innen eines Anti-Schwarzen Rassismus im 19. Jahrhundert unter Einbeziehung kolonialistischer Ideen. Wie die Historiker Magnus Brechtken und Eric Kurlander gezeigt haben, schmiedete die antisemitische Bewegung seit den 1870er Jahren vor allem, aber nicht nur in Deutschland Pläne zur „Absonderung und (wenn die Notwehr es gebietet) schließliche[n] Vernichtung des Judenvolkes“ (Brechtken, S. 24). Bekannte Radauantisemiten wie Eugen Dührung oder Paul de Lagarde forderten, Jüd*innen nach Palästina, Madagaskar oder Neu-Guinea „abzuschaffen“. Diesen Gebieten war gemein, dass sie Kolonien waren oder wurden, jedoch zu dem Zeitpunkt für europäische Kolonist*innen als unbewohnbar galten (Madagaskar und Neu-Guinea wegen des Klimas, Palästina eher wegen der Muslime). Wer Jüd*innen dorthin deportierte, nahm also ihr Sterben in Kauf oder wollte ihr Aussterben als angeblich „schwächere“ Rasse befördern. Etwa zur gleichen Zeit kam in (Nord- und Süd-)Amerika der Plan auf, man müsse die Remigration oder „Repatriation“ der befreiten Sklaven nach Afrika organisieren. Viele Weiße forderten eine „Deafrikanisierung“ aus rassistischen Gründen, weil sie Schwarze als eine Gefahr sahen oder Angst vor „Rassenvermischungen“ hatten und die Gesellschaft „weiß“ halten wollten. Obwohl versklavte Schwarze Menschen meist in Ländern wie den USA oder Brasilien geboren worden waren, wollte man sie in dem Moment wieder loswerden, als man sie nicht mehr zur Sklavenarbeit heranziehen konnte.

Im Umfeld solcher kolonial-rassistischen Vorhaben entstand auch der antisemitische Madagaskar-Plan, den Nationalsozialist*innen schon in der Zwischenkriegszeit aufgriffen und programmatisch aufbereiteten. Führend war dabei der NS-Chefideologe Alfred Rosenberg, der schon 1925 auf einem Treffen der „Antisemitischen Internationalen“ in Budapest zusammen mit Faschisten aus ganz Europa die Deportation der Jüd*innen nach Madagaskar plante. Besonders tat sich dabei Henry Hamilton Beamish hervor, der Gründer der britischen faschistisch-antisemitischen Bewegung „The Britons“. Er war Plantagenbesitzer in Britisch-Ceylon gewesen, hatte im Burenkrieg gekämpft und somit koloniale Erfahrungen aus erster Hand. Schon 1923 kontaktierte er auch das Französische Kolonialministerium, um die Erlaubnis zu erhalten, Jüd*innen zur „kompletten Segregation“ nach Madagaskar zu bringen. Rosenberg griff diese Idee auf und sprach von einer „Absonderung (Compulsory segregation, wie der Engländer sagt)“ der Jüd*innen. Diese Absonderung, so resümierte Rosenberg, müsse allerdings „zwangsmäßig sein“ und dürfe „vom freien Willen nicht abhängen“ (Brechtken, S. 35). Beamish wurde derweil zum Star in Deutschland und trat unter anderem zusammen mit Hitler im Zirkus Krone in München vor 7000 Zuschauer*innen auf. An den Madagaskar-Plänen arbeiteten auch antisemitische und faschistische Ideologen aus Holland, Frankreich und Polen. Zu einem Zentrum der Propagierung des Madagaskar-Plans wurde Erfurt, wo der U. Bodung-Verlag unter dem antisemitischen Publizisten Ulrich Fleischhauer die einschlägigen Werke zum Thema veröffentliche und Konferenzen der „Antisemitischen Internationale“ mitorganisierte. In einer Veröffentlichung war zu lesen, in Madagaskar „mögen die Raffenden in kühler oder wärmender Einsamkeit sich aus Schmarotzern in Arbeitende, Schaffende zurückwandeln, sich erlösen und entparasiten [sic!], um dereinst, nach langer Probezeit im Schoße der Völker wieder aufgenommen, die früheren Sünden dienend abzubüßen. Oder werden die Juden die Abgeschlossenheit nicht ertragen und dabei eingehen?“ (Brechtken. S. 45).

„Umgekehrte Kolonisation“ als Bedrohungsszenario der Alten und Neuen Rechten

Die Verbindung von Antisemitismus, Anti-Schwarzen-Rassismus, Faschismus und Kolonialismus im Geiste der „Remigration“ endete aber nicht mit dem Nationalsozialismus und auch nicht mit der Dekolonisation. Im Gegenteil. Als die Neue Rechte sich nach dem doppelten Schock des Endes des Nationalsozialismus und der Dekolonisation wieder sammelte, passte sie ihre Ideologie der neuen Situation an und sprach seltener über Jüd*innen und vorrangig über Migrant*innen aus Afrika und Asien sowie deren Unterstützer*innen.

Um nach 1945 eine gewaltsame Massen-Deportation unter dem Mantel der Remigration zu rechtfertigen, berief sich die Neue Rechte auf eine „Notwehr“ gegen eine angebliche Bedrohung durch „kulturell fremde“ Völker. Vor allem im Zeitalter der antikolonialen Emanzipation, als um 1960 die meisten ehemaligen Kolonien ihre Unabhängigkeit erkämpften, beschworen sie die Notwendigkeit einer Notwehr, so wie die Alte Rechte schon um 1870 die Notwehr gegen die Emanzipation von Jüd*innen und Schwarzen Menschen gefordert hatte. Angesichts der Dekolonisierungsphase um 1960 versuchte die Neue Rechte, Niedergangsängste in den Ex-Imperien zu nutzen, wozu neben England und Frankreich durchaus auch das Dritte Reich zu zählen ist. In der jungen Bundesrepublik wurden zum Beispiel vorrangig Migrant:innen aus den (ehemaligen) Kolonien in Afrika und Asien abgeschoben, weil sie als besondere Bedrohung wahrgenommen wurden. Vor allem aber in Frankreich nahmen Rechtsextreme die Unabhängigkeit Algeriens von 1962 zum Anlass, um das Bedrohungsszenario von einer drohenden Masseninvasion aus der „Dritten Welt“ heraufzubeschwören. Sie beruhte einerseits auf einer Angst vor der „Rache“ der ehemals Kolonisierten und andererseits auf dem rassistischen Weltbild des „Rassenkampfes“, in dem nur eine der (imaginierten) Rassen überleben konnte.

In solchen zutiefst rassistischen Weltbildern spannen Vertreter*innen der Neuen Rechten ein Narrativ, demzufolge nach Wanderungen nach Europa keine Migration, sondern eine Kolonisation seien, und den Austausch von „Einheimischen“ durch „Fremde“ zum Ziel hatten. Dieses Narrativ diente der Rechtfertigung einer gewaltsamen Zurückdrängung dieser „kolonialen Invasor*innen“. Die These von der umgekehrten Kolonisation findet sich schon im 19. Jahrhundert in der antisemitischen Bewegung, welche Europa vom internationalen Judentum, Liberalismus und Kapitalismus „kolonisiert“ sah. Auch die Nationalsozialist*innen stellten Deutschland als von Juden kolonisiert dar, womit sie einen angeblichen Rassenkampf auf Leben und Tod aufziehen sahen, der nur durch die Deportation und Auslöschung von Jüd*innen zu gewinnen war.

Die neurechte Mär von der Kolonisierung durch die ehemaligen kolonialen Untertan*innen verband sich kurze Zeit später mit den Debatten um die Aufnahme von Asylsuchenden. Im Jahr 1973 erschien in Frankreich der Roman Heerlager der Heiligen von Jean Raspail. Der erzkonservative Royalist fabulierte über die Ankunft von 99 Schiffen mit Elendsgestalten aus Indien an der Côte d’Azur, die von gutmeinenden Französ*innen als Flüchtlinge aufgenommen wurden, von der Rechten aber als Invasor*innen enttarnt wurden. Raspails Dystopie richtete sich genauso gegen die angeblichen „Flüchtlingshorden“ wie gegen Flüchtlingshelfer*innen und die politische Elite, die im Roman das ganze Land ans Messer lieferten. Von dem Roman wurden zwei Millionen Exemplare verkauft.

Rasipails Roman ähnelt in seiner Bildsprache der Berichterstattung über Migrant*innen im Mittelmeer. Im Jahr 2015 wurde er neu ins Deutsche übersetzt und vom Antaios-Verlag veröffentlicht. Dieser in Sachsen-Anhalt beheimatete Verlag, der mit dem neurechten Think Tank „Institut für Staatspolitik“ zusammenhängt, hat für Februar 2024 auch das Buch „Remigration – Ein Vorschlag“ vom neurechten Martin Sellner angekündigt. Der selbsternannte Identitäre Sellner war der Hauptredner auf dem Treffen vom November 2023, auf dem Rechtsextreme Deportationspläne wiederaufgriffen, die rassistische Kreise seit dem 19. Jahrhundert propagierten.

Blickt man also eingehender auf den Remigrations-Begriff der Neuen Rechten, so hat er nichts mit einem erträumten „Marsch in die Mitte“ zu tun, durch den Rechtsextreme die Ambivalenzen staatlicher Remigrationspolitik zwischen Freiwilligkeit und Unfreiwilligkeit erkennen und für sich nutzen wollen. (Inter-)Nationale Remigrationspolitik, wie in Asylverfahren oder Programmen der „freiwilligen Repatriierung“, ist für sich oft fragwürdig und inkonsequent. Sie steht aber nicht notwendigerweise in einer rassistischen Tradition menschenverachtender Systeme. Statt bei aktuellen Migrationsdiskursen der „Mitte“ bedienen sich die „Identitären“ beim historischen und transnationalen Rassismus der Alten Rechten, in dem eindeutig die Zwangsentfernung in Form von Deportationen forciert wird.

Im Gegensatz zur Remigration geht es dabei nicht um eine tatsächliche Rückkehr in ein Herkunftsland. Die Pläne vom November 2023 sprechen vage von Nordafrika als Deportationsziel, was eher eine Chiffre ist als ein konkreter Ort. Noch weniger geht es um Rückkehrhilfen für Migrant*innen, mit denen Rechtsstaaten und Internationale Organisationen ihre „freiwillige“ Remigration erwirken wollen. Stattdessen geht es ganz klar um Massendeportationen. Wie Jannis Panagiotidis und ich gezeigt haben, zeichnen sich Deportationen dadurch aus, dass neben Migrant*innen auch „eigene“ Staatsbürger*innen zwangsweise an einen Ort verbracht werden, in denen ein Überleben schwerer oder kaum möglich ist. Demnach kommt das Vorhaben auch einer Vernichtung durch die Entziehung von Lebensgrundlagen gleich – wie zum Beispiel bei der Deportation und Segregation von Schwarzen Menschen in so genannte „Bantustans“ im südafrikanischen Apartheidstaat. Somit ist die Remigrationsfantasie der Neuen Rechten klar in eine Linie mit rassistisch motivierten Menschenrechtsverbrechen zu stellen, die vom 19. Jahrhundert über den Nationalsozialismus über den Kolonialismus hin zur Apartheid reichten und den Tod von Millionen Menschen zur Folge hatten.

Banner von Protestierenden, Demo “Vielfalt statt Hetze”, Berlin am 21. Januar 2024 (Foto: © Stefan Müller, bearbeitet, Original verfügbar über Flickr, CC BY-NC 2.0 Deed)

Zitierempfehlung: Wagner, Florian: “‘Remigration’: Zwischen freiwilliger Rückkehr und rassistischer Massendeportation”, Freiwilligkeit: Geschichte – Gesellschaft – Theorie, Januar 2024, https://www.voluntariness.org/de/remigration/.

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