Freiwilligkeit und Kapitalismus

Arbeit, Konsum und zivilgesellschaftliches Engagement in Zeiten der Digitalisierung

Das Teilprojekt untersucht am Beispiel Deutschlands und der USA Freiwilligkeit als Ressource in westlich-kapitalistischen Gegenwartsgesellschaften. Durch den Wandel des Wohlfahrtsstaats, die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes sowie die digitale Revolution entsteht eine Nachfrage nach Tätigkeiten, die mehr oder weniger unbezahlt, informell und freiwillig erbracht werden (sollen): vom Engagement im Pflegestützpunkt über unbezahlte (Mehr-)Arbeit in Unternehmen bis hin zur wertschöpfenden Tätigkeit von Konsument*innen in der digitalen Ökonomie.

Freiwilligkeit wird, so unsere Ausgangsvermutung, zum Dreh- und Angelpunkt einer sich neu herausbildenden „Mixed-Activity-Economy“, die Akteur*innen auf spezifische Weise in Prozesse kapitalistischer Wertschöpfung einbindet. Formen betrieblich regulierter Erwerbsarbeit und klassische Reproduktionsarbeit werden dabei nicht bedeutungslos, aber sie werden mit neuen Formen von Arbeit verbunden. Dies fordert zu einer Neujustierung von analytischen Zugängen zu Arbeit heraus. Wir untersuchen drei Tätigkeitsbereiche: Formen der nicht oder niedrig entlohnten Arbeit auf digitalen Plattformen (Prosuming, Clickworking, Sharing), freiwilliges Engagement von abhängig Beschäftigten in Unternehmen der digitalen Ökonomie sowie analog organisiertes zivilgesellschaftliches Engagement.

Das Projekt erforscht diesen Zusammenhang vergleichend in Deutschland und den USA. Auf diese Weise geraten unterschiedliche wohlfahrtsstaatliche Pfadabhängigkeiten und Traditionen freiwilligen Handelns in den Blick. Das Teilprojekt entwickelt eine empirisch fundierte soziologische Zeitdiagnose, die Freiwilligkeit als zentrale gouvernementale und ökonomische Ressource in der flexibel-kapitalistischen Gegenwartsgesellschaft verortet. Ziel ist es jedoch nicht nur, die Konturen einer neoliberale Gouvernementalität der Freiwilligkeit nachzuzeichnen, sondern auch deren mögliche illiberalen Implikationen, konkret: neue Formen der Kontrolle und Ausbeutung in den Blick zu nehmen.

Team

Schlagworte

Kapitalismus  |   Arbeit   |   zivilgesellschaftliches Engagement   |   Prosumption   |   Digitale Ökonomie   |   Mixed-Activity-Economy

Fachbereich

Politische Soziologie

Ort

Friedrich Schiller Universität Jena

Institut für Soziologie

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